Während das Klimaschutzgesetz (KSchG) den Klimawandel eindämmen soll, indem die Erderwärmung begrenzt wird, geht es beim Klimaanpassungsgesetz (KAnG) um die Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Der Klimawandel hat auch in Deutschland extreme Auswirkungen. Vor allem Extremwetterlagen stellen Städte, deren Infrastruktur und Gebäude auf harte Proben, weil die Gebäude und Infrastruktur nicht auf Starkregen oder die Folgen von langanhaltenden Hitzeperioden ausgerichtet sind. Hier setzt das Klimaanpassungsgesetz (KAnG) an: Es verpflichtet seit dem 01.07.2024 Bund, Länder und Kommunen unter anderem dazu, Anpassungsstrategien für den Klimawandel und seine Folgen zu entwickeln. Gleichermaßen sind Träger öffentlicher Aufgaben verpflichtet, in ihrer Arbeit mögliche Anpassungen an den Klimawandel fachübergreifend zu berücksichtigen – auch im Bereich des Bauens und Planens. Welche (un)mittelbaren Folgen das Klimaanpassungsgesetz für die Bauwirtschaft haben wird, skizzieren wir in diesem Beitrag.
Ziel des Klimaanpassungsgesetzes und Berücksichtigungsgebot
Das Gesetz selbst definiert sein Ziel in § 1 KAnG sehr klar:
„Ziel dieses Gesetzes ist es, zum Schutz von Leben und Gesundheit, von Gesellschaft, Wirtschaft und Infrastruktur sowie von Natur und Ökosystemen negative Auswirkungen des Klimawandels, insbesondere die drohenden Schäden, zu vermeiden oder … weitestgehend zu reduzieren … “
Um dieses Ziel zu erreichen, ist das Klimaanpassungsgesetz mit einem Berücksichtigungsgebot (§ 8 KAnG) ausgestattet und benennt ausdrücklich, welche Aspekte die behördliche Planung und konkrete Maßnahmen bereits ab Januar 2025 berücksichtigen müssen:
„Träger öffentlicher Aufgaben haben bei ihren Planungen und Entscheidungen das Ziel der Klimaanpassung … fachübergreifend und integriert zu berücksichtigen. Dabei sind sowohl bereits eingetretene als auch zukünftig zu erwartende Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen, insbesondere
- Überflutung oder Überschwemmung bei Starkregen, Sturzfluten oder Hochwasser,
- Absinken des Grundwasserspiegels oder Verstärkung von Trockenheit oder Niedrigwasser,
- Bodenerosion oder
- Erzeugung oder Verstärkung eines lokalen Wärmeinsel-Effekts.“
Hier wird deutlich, dass das Klimaanpassungsgesetz ausschließlich „Träger öffentlicher Aufgaben“ in die Pflicht nimmt, unabhängig davon, ob sie öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich organisiert sind. Unmittelbare Rechtspflichten für Private wie z. B. Investoren, Projektentwickler oder Bauträger, aber auch Industrie- und Gewerbebau kennt das Gesetz nicht und legt ausdrücklich fest, dass es auch keine subjektiven Rechte begründet (§ 13 KAnG), so dass kein Bürger klagen kann, wenn er meint, dass das Ziel der Klimaanpassung nicht ausreichend berücksichtigt sei.
Mittelbar wird das Klimaanpassungsgesetz allerdings ganz erhebliche Auswirkungen auf alle Bereiche des Bauens haben, vom Wohnungsbau über Bürogebäude, Einzelhandelsobjekte und Hotels bis zum Industrie- und Gewerbebau. Überall dort, wo zunächst ein Bebauungsplan aufgestellt oder geändert werden muss, muss das Ziel der Klimaanpassung nämlich bei der Aufstellung des Bebauungsplans beachtet werden, weil die Aufstellung von Bebauungsplänen eine öffentliche Aufgabe der Gemeinden ist. Und gegen Bebauungspläne können Umweltverbände und Nachbarn nicht nur klagen, sondern der Klage muss auch dann stattgegeben werden, wenn der Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt ist, wenn also z.B. der Lärmschutz nicht zu beanstanden ist, die Klimaanpassung aber nicht ausreichend berücksichtigt wurde.
Wie wirkt das Klimaanpassungsgesetz?
Die Wirkweise des Klimaanpassungsgesetzes ruht v.a. auf zwei Säulen:
- Einerseits sollen Träger öffentlicher Aufgaben direkt Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in ihrer Arbeit ergreifen und umsetzen;
- andererseits muss das Thema „Klimaanpassung“ indirekt insbesondere bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen, Flächennutzugsplänen und Bebauungsplänen berücksichtigt werden.
Das Klimaanpassungsgesetz und u.a. die daraus resultierenden Klimastrategiepläne werden so vor allem im Bereich „Bauen und Umwelt“ enorme Auswirkungen auf die Arbeit der Träger öffentlicher Aufgaben haben, u.a. im Bereich der Raumordnung und der Bauleitplanung.

Klimaanpassungsstrategien für Bund, Länder und Kommunen
Das Klimaanpassungsgesetz nimmt – wie auch das Klimaschutzgesetz – an erster Stelle den Bund und die Länder in die Pflicht, dann Kommunen. So ist zunächst der Bund verpflichtet, eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie bis Ende September 2025 zu erstellen, bezogen auf Cluster, die im Klimaanpassungsgesetz festgelegt sind, wie z. B.
- Infrastruktur (Energieinfrastruktur, Gebäude, Verkehr und Verkehrsinfrastruktur)
- Land und Landnutzung (biologische Vielfalt, Boden, Landwirtschaft, Forstwirtschaft)
- Stadtentwicklung, Raumplanung und Bevölkerungsschutz (Bevölkerungs- und Katastrophenschutz, Raumplanung und Stadt- und Siedlungsentwicklung)
- Wasser (u.a. Küsten- und Meeresschutz, Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft inkl. Hoch- und Niedrigwasserrisikomanagement, Starkregenrisikomanagement).
Diese vorsorgende Klimaanpassungsstrategie des Bundes mit messbaren Zielen wird derzeit von den beteiligten Bundesressorts entwickelt. Außerdem verpflichtet das Klimaanpassungsgesetz den Bund zusätzlich eine Klimarisikoanalyse aufzustellen und in regelmäßigen Abständen zu erneuern. Die Länder müssen Klimastrategiepläne bis Ende Januar 2027 aufstellen. Dabei sollen sie möglichst regionale Daten nutzen, um lokale Gegebenheiten bestmöglich abbilden zu können. Auf dieser Grundlage werden dann die Kommunen ihrerseits Klimaanpassungskonzepte erstellen und in ihrer Bauleitplanung (Flächennutzungspläne und Bebauungspläne) umsetzen müssen.
Auswirkungen auf die Baubranche
Insgesamt hat das Klimaanpassungsgesetz unmittelbar keine Auswirkungen auf die Bauwirtschaft bzw. Baubranchen. Es finden sich im Gesetz weder Pflichten noch Ansprüche, die Bauträger oder Projektentwickler direkt betreffen.
Das Gesetz wird sich aber über Kurz oder Lang mittelbar ganz erheblich auf die Branche auswirken, weil sich aufgrund des Klimaanpassungsgesetzes die rechtlichen Grundlagen für alle Bereiche des Bauens, egal ob Wohnungsbau, Bürogebäude, Einzelhandelsimmobilien, Hotels oder Industrie – und Gewerbebau, ändern und die Arbeit von Investoren, Projektentwicklern und Bauträgern verändern werden. Vor allem über die kommunale Bauleitplanung (Flächennutzungspläne und Bebauungspläne) werden u.a. die Aspekte Starkregen und Hochwasser, Verstärkung von Trockenheit, Bodenerosion oder lokale Wärmeinsel-Effekte noch stärker berücksichtigt werden und damit das Planen und Bauen verändern, d.h. in jeder Hinsicht aufwändiger machen.
Geht es um Projekte der öffentlichen Hand und darum, in Ausschreibungen zum Zug zu kommen, ist es wegen des ab dem 01.01.25 geltenden Berücksichtigungsgebots schon jetzt ratsam, die im Gesetz genannten Aspekte der Klimaanpassung (s.o. zu § 8 KAnG) bei der Teilnahme an Ausschreibungsverfahren mitzudenken und proaktiv einerseits
- bestehende Hitzeaktionspläne, Starkregen- und Hochwassergefahrenkarten, Freiraumkonzepte sowie Landschafts- und Grünordnungspläne etc. genau zu berücksichtigen und andererseits
- unter Umständen in Hinblick auf Klimaanpassungsthemen in den eigenen Konzepten und Plänen überzuerfüllen, um auch neuen Anforderungen schon bestmöglich gerecht zu werden.
Aber auch für kleine und große private Bauprojekte werden sich die rechtlichen Vorgaben v.a. im Zusammenhang mit der Bauleitplanung verändern. Bebauungspläne werden absehbar ohne die auch heute schon üblichen Klimagutachten nicht mehr aufgestellt werden können. Unklar ist, welche konkreten Maßnahmen aufgrund der vom Klimaanpassungsgesetz geforderten „Berücksichtigung“ des Ziels der Klimaanpassung festgelegt werden müssen und wie das überhaupt geregelt werden kann. Werden wegen zunehmender Starkregengefahr mehr Grünflächen geplant werden müssen oder müssen künftig überall Regenrückhaltebecken gebaut werden und für welche Niederschlagsmengen bzw. welches Starkregenereignis sind diese dann zu dimensionieren? Kann der Hitzeschutz von Gebäuden überhaupt Regelungsgegenstand von Bebauungsplänen sein oder müssen gebäudebezogene Anforderungen nicht in den Bauordnungen der Länder geregelt werden? Sollen Stellplätze mit Bäume bepflanzt oder mit Solaranlagen überdacht werden? Wieviel muss gemacht werden, damit ein Bebauungsplan rechtssicher ist?
Es liegt auf der Hand, dass eher mehr als weniger gemacht werden muss und klar ist, dass es teurer wird. Unklar ist, ob es Förderprogramme geben wird, welche die Mehrkosten für klimaresilientes Bauen durch Fördermittel zumindest teilweise kompensieren.
Auf der Höhe der Zeit bleiben: Wir unterstützen Sie dabei!
Die Umsetzung des Klimaanpassungsgesetzes in Bund, Ländern und Kommunen wird in den kommenden Jahren neue Herausforderungen für Investoren, Projektentwickler und Bauträger mit sich bringen, zunächst und vor allem bei der Vorbereitung der notwendigen Bebauungspläne, welche von den Gemeinden aufgestellt werden müssen.
Das Berücksichtigungsgebot muss ab dem 01.01.2025 bei allen Bebauungsplänen beachtet werden. Wie die Berücksichtigung konkret erfolgen muss und kann, ist unklar und erschwert eine rechtssichere Planung. Dabei sind wir von Dr. Krist & Kollegen gerne behilflich. Unser Ziel ist, Ihre Planung rechtssicher zu machen, ohne die Kosten explodieren zu lassen und Strategien zur Bewältigung klimabedingter Risiken in Bauprojekten zu entwickeln.